Elterngeld? Nein Danke! Warum es Zeit ist, die Familienfinanzen selbst in die Hand zu nehmen

Die Petition der Gutverdiener gegen die Sparmaßnahme beim Elterngeld ist verständlich. Doch sie deckt eine falsche Annahme auf. Zeit, die Vorstellung von staatlicher Umverteilung und möglichen Gewinnern zu hinterfragen. Familien sind es nicht.

52.733 € Steuern pro Jahr bezahlt eine Familie bei einem Haushaltseinkommen von 150.000 €. 

52.733 €. Das ist mehr als ein Drittel des Einkommens.

Entschließen sich die Eltern, noch ein Kind zu bekommen, dann sollen sie ab sofort kein Elterngeld mehr erhalten. Ihr Einkommen ist nach den geplanten Sparmaßnahmen der grünen Familienministerin Lisa Paus dafür zu hoch.

Der Sparvorschlag sorgt für einen massiven Aufschrei bei Gutverdienern auf Plattformen wie LinkedIn, Instagram und Co. Er hat es auch auf die Titelseite der Süddeutschen geschafft. Eine Petition gegen diese Maßnahme sammelte binnen 24 Stunden über 200.000 Unterschriften. 

Verständlich. Schließlich haben diese Familien fest mit der monatlichen Unterstützung der Elterngeldstelle gerechnet. Niemand verzichtet gerne. Zudem besteht die Sorge vieler, dass die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau darunter leidet. Der Mann, der zumeist ein höheres Einkommen hat, wird wahrscheinlich auf die Elternzeit verzichten, um den finanziellen Verlust auszugleichen. Dies führt dazu, dass meistens die Frau die alleinige Verantwortung für die Kindererziehung und den Haushalt trägt. Ein Muster, das sich oft auch in der Zukunft fortsetzt.

Doch was sagt uns diese Empörung über unsere Gesellschaft?

Diese Enttäuschung deckt die verbreitete Annahme auf, dass wir ein Anrecht hätten, staatliche Unterstützung zu erhalten und dass es durch die Umverteilung von Steuern letztendlich nur Gewinner gibt. Wir nehmen an, dass unsere Steuerzahlungen die Finanzierung von Infrastruktur, Bildung und Digitalisierung gewährleisten. Wir vertrauen darauf, dass der Staat es uns ermöglicht, nach der Geburt ausreichend Zeit für unsere Kinder zu nehmen und sie in dieser sensiblen Phase umfassend zu betreuen. Schließlich wird mehr als ein Drittel des Einkommens jeden Monat dafür abgezogen. 

Doch Familien egal mit welchem Einkommen wissen nur allzu gut, dass die Rechnung schon lange nicht mehr aufgeht. Das Betreuungspersonal für Kitas fehlt und schnelles Internet über Glasfaser oder Funk gibt es nur im Urlaub. Wenn man es denn mit der Deutschen Bahn zur Urlaubsdestination schafft. Ein Lagebericht von der Überlastung an öffentlichen Schulen würde den Artikel sprengen.

Wir sollten uns von der Illusion befreien, dass wir eine angemessene Gegenleistung für unsere Steuerlast erhalten. Die Gewinner der staatlich koordinierten Umverteilung sind nicht Familien. Es ist an der Zeit, unabhängiger zu werden – insbesondere vom Staat und seinen willkürlichen Entscheidungen. Gutverdiener-Familien sollten das auch schaffen können. Lassen wir uns nicht von einem Familienministerium vorschreiben, wie wir Gleichberechtigung in der Familie leben. Wenn es irgendwie klappt, vom Netto Geld beiseite zu legen, dann sollten wir es sparen und investieren, um es von der Geldentwertung (Inflation) zu retten.

Letztendlich müssen wir selbst die Verantwortung übernehmen für Wohlstand und Gleichberechtigung.

Was ist deine Meinung zu der möglichen Streichung des Elterngeldes für Familien mit hohen Einkommen?

Kommentare

6 Antworten zu „Elterngeld? Nein Danke! Warum es Zeit ist, die Familienfinanzen selbst in die Hand zu nehmen“

  1. Avatar von Ringo
    Ringo

    Im Rahmen dessen, dass das Familienministerium nach Lindner eben gezwungen wird, die 500 Millioonen zu kürzen (wie viele anderen Ministerien deutlich mehr), halte ich diese Kürzung für vertretbar. Bei 150k versteuertes Einkommen, also roundabout 177k Euro brutto trifft es faktisch diejenigen, die im Querschnitt der Bevölkerung am wenigsten bis gar nicht angewiesen sind. Denn in Summe (1.800*10 oder 12) kostet das der Familie 21k Euro. Wer das bei dem Einkommen nicht easy stemmen kann? Das ist doch wohl ein Witz. Für mich also eine sozialverträgliche Lösung.

    Ein Problem, dass vermehrt Männer auf Elternzeit verzichten, sehe ich hier auch nicht: Wenn der Mann bei einem gemeinsamen Einkommen von 177k Euro deutlich mehr verdient als seine Frau, würde er netto locker 7000 Euro raushaben. Bei einem gedeckelten Elterngeld von 1800 Euro wären dann die Einbußen sowieso so hoch, dass er kaum in Elternzeit gehen würde.

    Wie du richtig schreibst: Niemand verzichtet gerne. Und so schreien meinem Empfinden nach die Wohlhabenden und argumentieren in meinen Augen etwas unredlich und unsolidarisch. Und ich finde es auch nicht nachvollziehbar, wieso die Betroffenen denken, sie hätten in ihrer Position unbedingt einen Anspruch auf finanzielle Hilfen vom Staat. Nun, für mich ist die Diskussion geradezu eine Nebelkerze, ich wundere mich, dass das solche Wellen in den Medien schlägt. Lass uns doch mal sehen, was Herr Lauterbach tun wird. So wie Lindner hier kürzte, wird das Ergebnis mutmaßlich viel stärker reinhauen und alle Schichten betreffen. 🙁

    1. Avatar von Eva Brauckmann

      Hi Ringo, danke für deine Einschätzung. Ich bin auch überrascht, dass der Aufschrei so groß ist. Es ist da glaube ich noch immer ein Anspruchsdenken vorhanden und der naive Glaube, dass von der Umverteilung des Staates tatsächlich etwas für Familien bleibt. Egal welchen Einkommens. Vielmehr werden davon Verwaltungsstellen in den Ministerien bezahlt. Nur, dass die ab jetzt noch weniger zuteilen. Beamtenstellen wurden jedenfalls nicht gekürzt als Sparvorhaben.

  2. Avatar von Timo
    Timo

    „Doch Familien wissen nur allzu gut, dass die Rechnung schon lange nicht mehr aufgeht. Das Betreuungspersonal für Kitas fehlt und schnelles Internet über Glasfaser oder Funk gibt es nur im Urlaub. Wenn man es denn zur Urlaubsdestination schafft. Die notorisch unpünktliche Deutsche Bahn weiß das zu verhindern.

    Wir sollten uns von der Illusion befreien, dass wir eine angemessene Gegenleistung für unsere Steuerlast erhalten.“

    Ich sehe diese Sätze von dir als kritisch bis besorgniserregend an.

    Natürlich habe ich nicht den Anspruch oder die Illusion, dass jeder einzelne von seinen Steuern mehr Benefits hat, als er zahlt. Aber wenn der Staat aktuell 26% von meinem Gehalt „für sich“ behält (+ Sozialabgaben) und ich dafür nicht mal mehr Grundlegende Infrastruktur bekomme, dann sehe ich das als ernsthaftes Problem!
    „Fördern und Fordern“, das muss auch umgekehrt für den Staat gelten. Fördern tun wir Bürger genug, die Steuereinnahmen waren nie höher (ich habe es nicht geprüft, aber selbst inflationsbereinigt sollte das gelten), da finde ich es das mindeste, dass die staatliche Infrastruktur die mich als Kind vor 20-30 Jahren unterstützt hat auch heute und in Zukunft ALLE Kinder unterstützt.

    Und das Problem bei der Debatte ums Elterngeld sehe ich tatsächlich bei Ehepaaren, die ungefähr gleich verdienen. Klar, der Gutverdiener mit 110K kann den Verlust des Partnes abfedern und die Familie stemmt das. Aber geht der Gutverdiener dann in Elternzeit oder ist dafür kein Geld?
    Doch wenn beide 75K verdienen, dann wird das relativ schnell eng.

    1. Avatar von Eva Brauckmann

      Hallo Timo, vielen Dank für deinen Kommentar. Auch ich finde es besorgniserregend, wie wenig für Familien getan wird bei all den Steuern, die wir doch bezahlen. Und ich sehe das als ernsthaftes Problem, nicht so sehr das Elterngeld. Wir müssen wohl das Fördern selbst in die Hand nehmen und nicht auf eine staatliche Zuteilung warten. Das hat die Elterngeld-Debatte aufgezeigt. Danke auch für die Analyse der Paare, die in etwa gleich viel verdienen. Stimmt, da wird es monetär eng. Bei unterschiedlichen Gehältern wird die Gleichstellung schwierig. Das zeigt wieder: Alles Themen, die wir nicht länger delegieren dürfen an den Staat.

      1. Avatar von Timo
        Timo

        „Alles Themen, die wir nicht länger deligieren dürfen an den Staat“

        Naja, ich bin froh, dass wir kein Schulsystem wie in UK/USA haben, wo es gute Bildung nur für viel Geld gibt.

        Grundsätzlich finde ich die Aufgaben der Daseinsfürsorge und der Bildung schon sehr gut aufgehoben beim Staat. Zentral gesteuert sollte das (bei kompetenter durchführung) deutlich effizienter sein, als wenn man Wettbewerber in einem offenen Markt hat.
        Das Problem fängt halt da an, dass ohne Wettbewerb null Innovationsdruck herrscht und Geld in z.B. Infrastruktur auf den erstenBlick erstmal nur verschwindet, ohne einen Gegenwert zu erzeugen.
        Zu erkennen, dass vernachlässigen bis kaputt nur zu noch mehr Kosten und erheblichen Einschränkungen (siehe Deutsche Bahn) führt, erfordert leider einen Weitblick, der sich nicht mit Jahreshaushalten und 4-Jahres Wahlperioden deckt. Ein Problem, was zum Teil auch in börsennotierten Firmen beobachtet werden kann, wenn kurz vorm Quartals- oder Jahresende schnell noch Projekte gebremst oder die Produktion gedrosselt wird nur um die Berichte zu schönen…

        1. Avatar von Eva Brauckmann

          Hi Timo, ein Großteil der hohen US Studiengebühren lässt sich durch billige Kredite und übermäßig hohe staatliche Stipendien erklären. Die Privatunis bauen sich für das viele Geld auch einen zu luxuriösen Campus, der auch laufend Geld kostet.

          Dezentralität ist immer günstiger, weil man mal was Kleines ausprobieren kann. Und auch mal scheitern kann. Daher kommt die Innovation, so lernen wir dazu.

          Ansonsten bin ich ganz bei dir.

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